Negativzinsen

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Freak
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Re: Negativzinsen

Beitrag von Freak » 5. Dezember 2019, 20:43

fritz hat geschrieben:
23. Juli 2019, 10:31
Anderseits kommt es eine Bank günstiger zu stehen, eine Hypothek zu einem geringen Negativzins zu vergeben, als das ungenutzte Geld bei der Schweizerischen Nationalbank zu parkieren und dafür einen Negativzins von –0,75 Prozent zu zahlen.
Das habe ich noch nie verstanden. Kann mir das jemand erklären? (Wo bleibt eigentlich Marcus Fabian, der hat doch solche Sachen verstanden...)

Warum soll denn eine Bank ihr Geld bei der Nationalbank parkieren? Es ist ja nicht so, dass das heutige Geld besonders viel Lagerraum verschlingt. Höhere Beträge brauchen nur etwas mehr Speicherplatz auf einem Chip weil eine grosse Zahl mehr Bits benötigt als eine kleine, aber das ist doch marginal.
Das habe ich mich auch immer gefragt...

Aber ist tatsächlich so, dass die Banken Geld bei der SNB parkieren MÜSSEN.

Den Überschuss aus Geld der Kunden - Darlehen, Hypotheken, etc. muss die Bank irgendwo parkieren. In Aktien anlegen, in Gold anlegen, als Bargeld halten, etc. oder aber eben bei der SNB parkieren. Aber sie können es nicht einfach als Buchgeld halten. Das gibt es nicht in der Bilanz der Bank. So zumindest mein Verständnis.

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fritz
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Re: Negativzinsen

Beitrag von fritz » 6. Dezember 2019, 04:45

Ich habe unterdessen darauf auch eine Antwort erhalten, weiss aber nicht, ob das so korrekt ist.
Damit eine Bank Geld schöpfen darf, muss sie einen Teil davon bei der SNB deponieren.
Gruss
fritz

Xeno
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Re: Negativzinsen

Beitrag von Xeno » 16. Dezember 2019, 23:13

fritz hat geschrieben:
6. Dezember 2019, 04:45
Ich habe unterdessen darauf auch eine Antwort erhalten, weiss aber nicht, ob das so korrekt ist.
Damit eine Bank Geld schöpfen darf, muss sie einen Teil davon bei der SNB deponieren.
Gruss
fritz
Es ist IMHO etwas unpräzis. Die Banken müssen ja von Gesetzes wegen eine Mindestreserve halten (2,5% der Nettoverbindlichkeiten, wenn ich es noch richtig im Kopf habe). Was ich weiss, sagt der Gesetzgeber nicht, dass die bei der SNB angelegt sein müsse (d. h. eine Bank könnte das auch Cash im Tresor lagern), aber faktisch müssen Geschäftsbanken grosse Geldbeträge bei der SNB anlegen, weil:

Die SNB fungiert (über eine Tochterfirma der SIX, die SIC) auch als Clearingstelle der Banken. Stark vereinfacht gesagt: Banküberweisungen (täglich in riesiger Zahl und rieseiger Summe) erfolgen zwischen den Banken über die SIC, nicht direkt von Bank zu Bank, um das System des Zahlungsverkehrs zu halten. Deshalb haben alle Banken bei der SNB dafür Girokonten. Darauf gibt es Negativzinsen, allerdings auch nur unter bestimmten Bedingungen und besonders bei sehr hohen Beträgen.

Letztlich ist die surreale Situation heute die, dass die Banken eigentlich viel zu viel Geld haben, aber fast nichts mehr verdienen. Schon Einstein fand, Ökonomie seit bei Weitem schwerer zu verstehen als Physik.

Theoretisch könnte sich eine Bank möglicherweise der SIC entziehen und kein Konto bei der SNB haben, aber das ist IMHO sehr theoretisch. Wie möchte sie denn Überweisungen von und an andere(-n) Banken tätigen? Es ginge aber eigentlich bei einer Bank, die gar keinen Zahlungsverkehr macht, was es ja gibt.

Viel besser kann ich es Dir als Wirtschaftshistoriker, der Vorlesungen zur Theorie des Geldes auch nicht erst gestern besucht hat, nicht erklären. Auf der nächsten Metaebene treibt übrigens die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) mit Sitz in Basel ihr Unwesen, das ist dann nämlich die Bank der Zentralbanken. Wenn Du dort im Verwaltungsrat bist, hast Du die oberste Leiter im Bankwesen erreicht, weisst allerdings vermutlich Sachen, die Du niemandem erzählen darfst (ein Spässchen, ich bin kein Verschwörungstheoretiker). Wenn gar nichts mehr geht, wirst Du dann noch Geschäftsführender Direktor des Internationalen Währungsfonds...

Lg X.

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Re: Negativzinsen

Beitrag von Meerkat » 17. Dezember 2019, 07:23

Vielen Dank für den hochinteressanten Beitrag. Ein Punkt daraus.
Xeno hat geschrieben:
16. Dezember 2019, 23:13
Letztlich ist die surreale Situation heute die, dass die Banken eigentlich viel zu viel Geld haben, aber fast nichts mehr verdienen.
Ein kürzlicher Artikel im Tagesanzeiger (Abo+) resp. der SonntagsZeitung sieht das anders. Chefredaktor Rutishauser
Wie Banken mit Negativzinsen Milliarden verdienten
Warum zahlt man in der Schweiz für eine Hypothek im Schnitt immer noch ein Prozent und mehr? «Die ZKB vergibt weder Firmenkunden noch Privaten Kredite oder Hypotheken zu Negativzinsen», sagt ZKB-Sprecher Patrick Friedli. Laut Friedli liegen die effektiven Refinanzierungskosten der ZKB im Kreditgeschäft über 0 Prozent. Darauf wird zudem die Marge geschlagen. Bei der UBS tönt es ähnlich, und der Sprecher der ­Credit Suisse betont, dass sich die «Bank bei der Ausübung ihres Geschäfts an die geltenden Gesetze und Vorschriften hält». Ein Bundesgerichtsurteil stützt diese Politik.
Werden hier nicht ganz einfach die Margen ausgeweitet? Serge Steiner, Sprecher der Bankiervereinigung, verneint: «In der Vergangenheit konnten die Banken den Margendruck mit einer Ausweitung des Kreditvolumens und einer Reduktion der Passivzinsen auf die Nullgrenze kompensieren. Dies ist jedoch eine Quersubventionierung von nicht verbundenen Geschäften und für die Banken unattraktiv.» So weit die offizielle Version.

Inoffiziell ist aber etwas anderes zu hören. Nämlich, dass die Banken ihre Kreditmarge in den letzten Jahren eben doch kräftig ausgeweitet haben. Ein Blick in das «Bankenbarometer», die offizielle Publikation der Bankiervereinigung, zeigt, dass die Banken mit den Negativzinsen entgegen den offiziellen Bekundungen kräftig Geld verdienen. Lagen die Einnahmen aus dem Kreditgeschäft selbst in den Boomjahren bis 2007 meist bei rund 20 Milliarden Franken, so waren sie letztes Jahr bei 23,5 Milliarden Franken. Leicht unter dem Rekordjahr von 2015, als die Gewinne aus dem Zinsdifferenzgeschäft bei knapp 25 Milliarden Franken lagen.

Überhaupt ist zu beobachten, dass mit der Einführung der Tiefzinspolitik nach der Finanzkrise die Banken zwar immer weniger mit Beratung verdienten, aber das Zinsgeschäft immer lukrativer wurde. Das hat wohl damit zu tun, dass es das Bankgeheimnis nicht mehr gibt und die Banken weniger lukrative Vermögensverwaltungsmandate haben. Fazit: Heute ist das Zinsdifferenzgeschäft die wichtigste Einnahmequelle.

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Re: Negativzinsen

Beitrag von Meerkat » 17. Dezember 2019, 08:12

Und noch Artikel zum Thema aus dem Tagi (gratis)
Schweden wagt den Ausstieg aus den Negativzinsen
Die schwache Konjunkturlage Schwedens spricht gegen eine Aufhebung der Negativzinsen. Wieso wagt die Reichsbank diesen Schritt dennoch? Und wieso nicht die SNB? Darauf angesprochen, verwies SNB-Präsident Thomas Jordan an seiner Pressekonferenz am vergangenen Donnerstag auf die Währung des skandinavischen Landes: «Die schwedische Krone ist kein sicherer Hafen.» Weil der Franken noch immer hoch bewertet sei und bei Unsicherheiten auf den globalen Märkten Sicherheit verspreche, brauche die Schweiz tiefere Zinsen als der Rest Europas, argumentiert die SNB. Nur das mindere die Attraktivität der Schweizer Währung und verhindere eine zu starke Aufwertung.

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Re: Negativzinsen

Beitrag von Meerkat » 17. Dezember 2019, 08:59

Die Schlagzeile bei Tagi (Abo+)
Negativzins: Credit Suisse widerspricht der Bankenwelt
Nationalbank-Präsident Thomas Jordan und sein Direktorium können sich freuen. Von den Ökonomen der Credit Suisse bekommen sie Rückendeckung, was die Geld- und insbesondere die Negativzinspolitik anbelangt. Letztere würde dabei helfen, eine noch stärkere Überbewertung des Frankens zum Euro zu verhindern, heisst es in einer am Dienstag veröffentlichten Analyse. Das sei im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld weiterhin sinnvoll.

Die CS-Ökonomen nehmen mit ihrer wohlwollenden Einschätzung zu den Negativzinsen eine pointierte Gegenposition ein – nicht nur zur Schweizerischen Bankiervereinigung, sondern auch zur UBS. Vertreter beider Institutionen hatten in jüngerer Zeit Sinn und Zweck dieses geldpolitischen Instruments in Zweifel gezogen. So äusserte Jörg Gasser, Geschäftsführer der Bankiervereinigung, kürzlich in einem Interview mit dieser Zeitung die Ansicht, es sei «nicht zwingend, dass der Franken bei einer langsamen Anpassung weg von den Negativzinsen stark aufwertet».
Wahrer Grund vielleicht, weil die CS daran verdient?

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Re: Negativzinsen

Beitrag von Xeno » 18. Dezember 2019, 16:10

Meerkat hat geschrieben:
17. Dezember 2019, 07:23
Vielen Dank für den hochinteressanten Beitrag. Ein Punkt daraus.
Xeno hat geschrieben:
16. Dezember 2019, 23:13
Letztlich ist die surreale Situation heute die, dass die Banken eigentlich viel zu viel Geld haben, aber fast nichts mehr verdienen.
Ein kürzlicher Artikel im Tagesanzeiger (Abo+) resp. der SonntagsZeitung sieht das anders. Chefredaktor Rutishauser
Wie Banken mit Negativzinsen Milliarden verdienten
Chefredaktor hin, Tagesanzeiger her, da wir hier ja in einem Börsenforum sind, mal Fakten:

Aktienkurs UBS:

Performance seit 1997 (=22 Jahre): minus 56 Prozent (halbiert)

Aktienkurs CS:

Performance CS seit 1990 (=29 Jahre): minus 18 Prozent

Benchmark SMI:

Performance seit 1995 (24 Jahre): plus 410 Prozent (vervierfacht)

Siehe auch eine Einschätzung von den Profis (die Performance Zahlen sind aber nicht von dort und nicht das Thema): https://www.fuw.ch/article/banken-zum-verzweifeln/

Ich poste das nicht etwa, um jemanden zu ärgern, aber Börse sind halt (auch) knallharte Fakten. Wer in den 90ern alles Vermögen in UBS-Aktien angelegt hätte, hätte es halbiert, wer einen SMI-Korb gekauft hätte, vervierfacht, mit CS wäre man (nicht so viel) im Minus, und das bei jeweils nur 1 Trade in über 20 Jahren!

Ich freue mich auf Reaktionen!

Lg X.

P.S.: Man müsste noch andere börsenkotierte Banken anschauen, die alle (wesentlich) kleiner sind.

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Re: Negativzinsen

Beitrag von Meerkat » 18. Dezember 2019, 20:34

Xeno hat geschrieben:
18. Dezember 2019, 16:10
Aktienkurs UBS:

Performance seit 1997 (=22 Jahre): minus 56 Prozent (halbiert)

Aktienkurs CS:

Performance CS seit 1990 (=29 Jahre): minus 18 Prozent
Die Negativzinsen gibt es seit rund 5 Jahren. Die Aktienkurse von UBS und CS widerspiegeln in diesem Zeitraum m.E. keine Dramatik.
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CS_UBS__5yrs.jpg
CS_UBS__5yrs.jpg (110.16 KiB) 7706 mal betrachtet
(Quelle: Swissquote)
Der Verlauf des Net Income über die letzten 5 Jahre ist auch nicht aufregend.
.
UBS_net_income_5yrs.jpg
UBS_net_income_5yrs.jpg (37.26 KiB) 7706 mal betrachtet
(Quelle: YCharts)
Der Gewinnrückgang 2018 wurde mit Rückstellungen für die erwarteten Bussen in Frankeich begründet, nicht mit Negativzinsen.

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Re: Negativzinsen

Beitrag von Xeno » 18. Dezember 2019, 23:07

Ich bin nicht überzeugt. Betrachtung auf die letzten 5 Jahre:

Aktienkurs UBS:

Performance 5 Jahre: minus 33 Prozent (ein Drittel weg)

Aktienkurs CS:

Performance 5 Jahre: minus 25 Prozent (ein Viertel weg)

Benchmark SMI:

Performance 5 Jahre: plus 16 Prozent

Die Negativzinsen sind die Krankheit, für deren Therapie sie sich hält (frei nach Karl Kraus), und am wenigsten sind sie die Ursache der Probleme. Wer in UBS und CS investiert, macht seit sehr, sehr langer Zeit alles falsch. Mehr wollte ich nicht sagen. Börsenkurse sind halt harte Fakten, zumal langfristige.

Lg X.

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Re: Negativzinsen

Beitrag von Freak » 22. Dezember 2019, 11:15

Xeno hat geschrieben:
18. Dezember 2019, 23:07
Die Negativzinsen sind die Krankheit, für deren Therapie sie sich hält (frei nach Karl Kraus), und am wenigsten sind sie die Ursache der Probleme. Wer in UBS und CS investiert, macht seit sehr, sehr langer Zeit alles falsch. Mehr wollte ich nicht sagen. Börsenkurse sind halt harte Fakten, zumal langfristige.
Sehr schön geschrieben Xeno ;)

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